András Siflis – Bilder ohne Sprache (2009)
András Siflis wurde 1955 in Subotica, im ehemaligen Jugoslawien, geboren.
Von 1972 bis 1975 studierte er Schmuckdesign und war als Goldschmied tätig. Seit 1985
begann er autodidaktisch sich mit Malerei zu beschäftigen. Siflis emigrierte 1988 nach
Ungarn. Von 1994 bis 1996 lebte er in Berlin, von 2000 bis 2001 in Münster. Heute wohnt
und arbeitet er in Budapest. Seine Werke wurden in zahlreichen Einzel- und
Gruppenausstellungen gezeigt und mit wichtigen Preisen bedacht – wie etwa der
Auszeichnung der New Yorker Pollock-Krasner Foundation 1990 und erneut 1998.
Seine Bilder sind voll Mystizismen: in Metall ausformulierte Schiffskörper – betitelt mit
„Wrack“ oder „Schiff“ - durchschneiden den grenzenlosen Ozean, verloren wirkend und
menschenleer. Siflis bedient sich dabei unterschiedlicher Materialien wie Holz, Leinwand,
Blech, die er wie Landschaftspuzzle zusammensetzt. Gleichzeitig stürzt er den Betrachter in
Zweifel über die Regeln der Perspektive: wo ist der Himmel, wo die Erde, wo das Wasser?
Farbwerte überwinden den Malgrund und leben auf der Rahmung weiter, die den Weg in die
Dreidimensionalität weisen.
Dagegen wirken seine silhouettenhaften Mensch- und Tierdarstellungen torsoartig. Eine auf
Mythologie und Philosophie gegründete schattenhafte Archaik – ägyptisch, griechisch,
etruskisch - transponiert er in die Gegenwart. Dabei kommt hauptsächlich eine Mischtechnik
zur Anwendung, die dem schemenartigen seiner Figuren und komplexen Strukturen
Rechnung trägt. Auch Versatzstücke aus seiner Tätigkeit als Goldschmied finden sich
gelegentlich wieder.
In der raumlosen Gestaltung seiner Werke bricht sich ein leidenschaftlicher Umgang mit den
Farben Bahn, und die bisweilen stark expressive Gestik der Figuren spiegeln die
Gemütsregungen wider.
Versucht man die Arbeiten von András Siflis stilmäßig einzuordnen, so verrät sein Duktus
Impulse von Beuys, Baselitz, Penck oder der italienischen Transavantgardia, wie etwa
Paladino.
Michael Wessing
András Siflis • Neue Arbeiten (2013)
András Siflis ist in erster Linie Graphiker, der sich aber auch mit Malerei und anderen künstlerischen Mischtechniken beschäftigt hat, um seiner Seelenlage Ausdruck zu verleihen. Wenn man seine mythisch und philosophisch inspirierten Zeichnungen betrachtet, fällt das Hauptthema Mensch und Tier ins Auge. Es ist eine aus der Antike geborene Archaik in seinen silhouettenhaften und torsoartigen Mensch- und Tierdarstellungen zu spüren.
Ägyptisch, griechisch und etruskisch anmutend werden schemenhafte Figuren und komplexe Strukturen künstlerisch in die Gegenwart transponiert - wie ohnehin Transformation eine wichtige Begrifflichkeit für den Künstler ist. Für ihn bedeutet sie nach dem Lateinischen so viel wie ‚umformen‘ einer vom Künstler erkannten Gegenständlichkeit, wird im weiteren aber auch zu einer ‚Überformung‘ im Sinne eines Überstülpens vorhandener Artefakte mittels künstlerischer Techniken.
András Siflis hat sich 2013 zum wiederholten Male für vier Monate, von April bis Ende August, auf Kreta aufgehalten und dort mit den alten Wurzeln mykenischer Kunst auseinandergesetzt, den Ruinen von Phaistos oder den Überresten des Palastes von Knossos. Nicht zuletzt entstand mit der minoischen Kultur auf der Insel vom dritten vorchristlichen Jahrtausend an die erste Hochkultur auf europäischem Boden.
Entstanden sind sogenannte Kreta – Tagebücher. Mittels Sepiatinte mit ihrer braun- bis grauschwarzen Farbigkeit, Graphit oder Spray, der Frottage-Technik durch Einbringen von Gräsern zum Beispiel, entstanden eigene genuine Arbeiten voller sensibler Spannung. Da wird ebenso ein Fundstück Marmor mit der Aufschrift „Athen“ ironisierend als Stempel benutzt oder die verschmutzte Stiefelsohle des Künstlers. Zerbrechlichkeit der Natur als Hauptthema, wenn aufgrund der Trockenheit in Griechenland nicht einmal mehr Olivenfrüchte gedeihen. Auch dies sind Formen der Transformation in die Gegenwart.
Die Titel seiner Werke verweisen auf Bekanntes: „Minos-Tauros“, einem Wesen mit menschlichem Körper und Stierkopf, das in dem berühmten Labyrinth auf Kreta leben muß, und dem in der modernen Literatur nicht zuletzt durch Friedrich Dürrenmatt die Deutung als ein Sinnbild gegenwärtiger Orientierungslosigkeit zukommt. Ein Paradebeispiel für András Siflis‘ Bemühen, Mensch- und Tierdarstellungen torsoartig verschwimmen zu lassen. Andere Titel lauten „Der Stierspringer“, „Kreta-Feggari“ oder „Der Traum des Agamemnon“. Hier sendet in der Ilias Gottvater Zeus dem Agamemnon einen ‚verderblichen‘ Traum, dass dieser die Trojaner besiegen würde, was ja bekanntermaßen nicht eintreten wird. Stattdessen werden die Griechen große Leiden ertragen müssen. Wieder philosophisch-existenzielle Fragestellungen, wie hier vom Doppelsinn der Träume. Auch dies beschäftigt Siflis. Andere Arbeiten nennt er „All about Philosophie“ oder „Bizzarer Traum“. Was nennen wir Philosophie? Was bedeutet das für uns Menschen? Dazu äußert der Künstler sich: „Ich fange an und weiß nicht, was kommt. Intuitiv geschieht das, was mir die Zeit sagt. Erst später fragt mich das Bild, was es bedeutet. Wann ist ein Bild fertig?“ – Erst mit der Kontemplation, die von Ruhe und sanfter Aufmerksamkeit bestimmt ist, kann der Betrachter und letztlich auch der Künstler selbst zu einer Art von Bewußtseinserweiterung gelangen.
Michael Wessing
Zusammen mit: Hiltrud Schäfer
András Siflis · Bilder ohne Sprache
Zusammen mit: Barbara Rochester
András Siflis • Neue Arbeiten (2013)